Objekt des Monats

Mai 2024

Löscheimer von I. K.

Esslingen
1700 (?)

(Städtische Museen Esslingen)

Alter Eimer aus dickem Leder mit Lederhenkel. An der Seite ist eine Plakette mit den Buchstaben "I. K." angebracht.
Fotografie: Michael Saile

Hat dieser Eimer den Stadtbrand von 1701 erlebt und überlebt? Über Jahrhunderte gehörten Löscheimer in jeden Haushalt und jede Werkstatt. Brände waren in den mittelalterlichen und neuzeitlichen Städten sehr gefürchtet, denn durch die enge Bebauung aus leicht brennbaren Materialien wie Holz und Stroh konnten sich Feuer rasend schnell ausbreiten. Zur Vermeidung von Bränden und zur Regelung der Brandbekämpfung hatte auch die Reichsstadt Esslingen spätestens ab dem Ende des 15. Jahrhunderts eine Feuerordnung, die regelmäßig überarbeitet und angepasst wurde. Dennoch konnte auch sie nicht die große Brandkatastrophe von 1701 verhindern.
 
Doch zunächst zum Eimer. Er ist aus mehreren Lederschichten gefertigt; die einzelnen Teile sind fest miteinander vernäht. Seine Stabilität erhält das Behältnis durch ein hölzernes Grundgerüst. Eine breite Lederschlaufe dient als Henkel und Aufhängevorrichtung. Manche Löscheimer hatten eine zusätzliche Handhabe an der Unterseite, um das Gefäß beim Ausgießen besser greifen zu können. Bis zum Rand mit Wasser gefüllt, fasste dieser Eimer rund fünf Liter. Bei einer Eimerkette wurden Dutzende der Eimer durchgereicht, um so das Feuer rasch unter Kontrolle zu bekommen.
 
Wichtig bei Löscheimern war die namentliche Kennzeichnung. Sie diente nach dem Ende eines Löscheinsatzes dazu, die Behältnisse ihren Eigentümer:innen zurückzugeben. Dieser Eimer zeigt die Initialen I. K. sowie die Jahreszahl 1700. Die Buchstaben und Ziffern sind auf einer kleinen Plakette eingetieft, die mit zwei Nieten am Eimerrand befestigt ist. Um wen es sich bei I. K. gehandelt hat, lässt sich heute nicht mehr ermitteln. Die Jahreszahl 1700 lässt aufhorchen: War dieser Eimer ein Zeitzeuge des Brandes von 1701? Die Voraussetzung dafür wäre, dass die Plakette schon immer zu diesem Eimer gehörte und nicht erst nachträglich angebracht wurde. Der Schriftzug „Esslingen“, der sich direkt auf der Lederhülle befindet, passt nämlich auch gut ins 19. Jahrhundert.
 
Gehörte die Plakette wirklich zu diesem Eimer, so konnte I. K. nicht ahnen, dass dieses Behältnis nur ein Jahr später bei einem der verheerendsten Ereignisse der Esslinger Stadtgeschichte zum Einsatz kommen könnte: dem berüchtigten Stadtbrand. Am 25. Oktober brach in der Herberge „Zum Schwarzen Adler“ beim Hafenmarkt ein Feuer aus und griff rasch auf die benachbarten Gebäude über. Trotz großer Bemühungen, mit Unterstützung der umliegenden Städte das Feuer einzudämmen, loderte es 36 Stunden und zerstörte mehr als 200 Gebäude, darunter auch das Rathaus der Reichsstadt. Die Brandursache wurde nie aufgeklärt.
 
Aus der Katastrophe zogen die Esslinger:innen ihre Lehren. Da vor allem die enge mittelalterliche Bebauung für die schnelle Ausbreitung des Feuers gesorgt hatte, wurden die neuen Straßenzüge breiter angelegt. Zudem errichteten die Baumeister deutlich größere Häuser im Barockstil. Um die enormen Kosten für den Wiederaufbau stemmen zu können, erhielt die Stadt die Genehmigung, eine reichsweite Kollekte durchzuführen. Bis nach Hamburg, Breslau, Wien und in die Schweiz wurden Sammler entsandt. Viele Städte und Stände spendeten für den Wiederaufbau der Reichsstadt, wobei sich Ulm und Augsburg am großzügigsten zeigten und Esslingen jeweils 900 Gulden zukommen ließen.
 
Die im Jahr 1700 bereits 28 Seiten umfassende Verordnung, „wie es in vorfallenden Feuers Nöthen in und außerhalb der Statt gehalten werden soll“, wurde weiterhin regelmäßig geprüft und überarbeitet. Dazu gehörte auch die Anschaffung von ledernen Schläuchen, wie man sie von den Stuttgarter Helfern beim Löscheinsatz in Esslingen kennengelernt hatte. Weiterhin hatte im Falle eines Brandes jede:r Einwohner:in einen nach Alter, Berufsstand oder Zunft festgelegten Platz und Aufgabenbereich. Das änderte sich erst im 19. Jahrhundert, als die Einwohnerschaft nicht mehr in Zünften organisiert war und eine neue Regelung gefunden werden musste. Durch die fortschreitende Industrialisierung mit neuen Energiequellen und durch den Einsatz von leicht entzündlichen Rohstoffen waren insbesondere die Fabrikanten „Lobbyisten“ für eine Feuerwehr in Esslingen. 1847 wurde in der Maschinenfabrik Esslingen die Werksfeuerwehr eingerichtet. Fünf Jahre später, 1852, erfolgte schließlich die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr in Esslingen.